Ein Interview mit dem Café-Gründer Philipp Reichel vom Kaffee 9 vor der Markthalle Neun in Berlin! Foto & Text: Leni Moretti
Für diese Café Story fiel ich um 5.30 Uhr aus dem Bett. Aber ich hatte es mir so ausgesucht, da ich meine Café-Gründer-Portraits gerne lange vor Ladeneröffnung beginne. Und das Kaffee 9 vor der Markthalle Neun in Kreuzberg öffnet um 7.30. Um halb 7 stand ich also auf der Matte und hatte viel Zeit, Philipp Reichel dabei über die Schulter zu schauen, wie er jeden Morgen seinen Laden eröffnet. Und man merkt, wie sehr er in seinem Element ist. "Es ist einfach toll, den Leuten einen guten Start in den Tag zu geben."
Das Kaffee 9 in der Eisenbahnstraße 42 ganz in der Nähe der U-Bahn-Station Görlitzer Bahnhof hatte ich schon länger auf dem Schirm. Denn es wurde mir nicht nur von Patrick Berger, den ich mit dem Buena Vida Coffee Club in Potsdam porträtierte, sondern auch von mehreren Freunden empfohlen. Als ich dann im Februar das erste Mal dort vorbeischaute, war mir sofort klar, warum. Dieses winzige Café mit der hohen Glasfront und den dunklen unverputzten Wänden im Industrie-Look ist einfach ein Unikat. In der Spezialitätenbar wird 1A-Kaffee mit eigenem Blend geboten, den das Kaffee 9 von der Berliner Kaffeerösterei Andraschko bezieht. Dazu gibt es zimt-zuckrige Focaccios, handgeknetete Milchbrötchen und andere Leckereien der hauseigenen, italienischen Bäckerei von Alfredo Sironi direkt hinten aus der Markthalle.
Nach einem sehr entspannten Portraitshooting mit Philipp gestern, einem leckeren Cappuccino und zuviel Foccaccio, zeigte er mir noch die Katakomben der Markthalle und die Kellerräume des Kaffee 9. "Hier ziehe ich mich gerne zurück, wenn ich mal meine Ruhe brauche," sagte er, setzte sich ans Klavier, das inmitten der Kisten stand, und spielte Klassik. Was für ein Moment.
Wie kam es zur Gründung vom Kaffee 9?
2013 wurde im Eingang der Markthalle Neun die Ladenfläche frei, in dem sich jetzt das Café 9 befindet. Ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits seit mehr als einem Jahr in der Markthalle gearbeitet und mich dafür eingesetzt, dort einen Coffee Shop auf Basis von Spezialitätenkaffee zu eröffnen.
Ich durfte von Anfang an bei der Planung und Realisierung dabei sein und habe das volle Vertrauen der Markthalle Neun bekommen, das Café eigenständig zu bespielen und bin seit nunmehr 1,5 Jahren glücklicher Geschäftsführer.
Wie bist Du auf den Namen "Kaffee 9" gekommen?
Die Neun ist unsere Zahl. Wir sind die Markthalle Nummer Neun und das Café ist Ihr „roter Teppich“.
Verrückterweise taucht in meinem Leben die Zahl Neun auch ziemlich häufig auf.. Fügung? Interstellare Konstellationen?
Wie läuft's so?
Voll toll! Jeden Tag aufs Neue bin ich irritiert und begeistert wieviel Zuspruch wir bekommen für das, was wir tun. Und wir sind noch lange nicht fertig!
Wann ist bei Euch am meisten los?
Unsere Rushhour-Phasen haben wir meist zwischen 8.30 Uhr und 11 Uhr. Und dann wieder zwischen 12 und 14 Uhr. Am Wochenende entsprechend alles ne Runde länger.
Was ist das Schönste daran, Café-Besitzer zu sein?
Einen weiteren Ort zu haben der mein Zuhause ist und ihn mit so vielen Menschen teilen zu können. Sowie jeden Tag aufs Neue einen kleinen Beitrag leisten zu können, der mehr ist als nur eine Tasse guter Kaffee.
Was hättest Du so nicht erwartet?
Wieviel Emotionolität im Team und auch von den Gästen im Laden steckt. Aber auch, wie sehr meine Persönlichkeit im Laden steckt und auch durch ihn gewachsen ist.
Wie fühlt es sich an, ein eigenes Café zu betreiben?
Gänsehaut-Feeling und das Gefühl überfordert zu sein, wenn ich realisiere was ich bereits mit dem Laden geschaffen habe und wieviele Leute darin involviert sind.
Welcher Soundtrack gehört zum Kaffee 9?
Das Schöne ist, dass jeder, der hier arbeitet, dem Laden nochmal seine eigene Note gibt und zwar wortwörtlich. Denn jeder bringt seine eigene Musik mit. Ich selber höre gerne Jazz, vor allem die Band BadBadNotGood.
Gibt es eine besondere Begegnung mit einem Gast oder eine Anekdote, die Dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Eigentlich jeden Tag aufs Neue zu merken, wie viele von unseren Gästen wiederkommen, besonders wenn sie noch nicht mal aus dem Kiez sind.
Lieblingsecke im Café 9?
Auf der Sitzbank hinter den Mühlen. Einerseits versteck ich mich voll gern im Laden, will aber auch immer da sein.
Lieblingskaffee?
Bis jetzt immer noch kein Lieblingskaffee gefunden. Jedoch immer ein Kaffee, der mich überrascht, weil ich es so nicht erwartet hätte, wenn ich ihn trinke, wird zu meinem Lieblingskaffee.
Wann trinkst Du morgens Deine erste Tasse Kaffee?
Auf jeden Fall spätestens nachdem ich den Laden aufmache, so viertel nach 7. Und auch wenn ich zu Hause bin, ist das intuitiv eine der ersten Sachen, die ich nach dem Aufstehen mache. Da ich dort keine Espressomaschine habe, nehme ich zu Hause die Cafetière.
Was wünscht Du Dir für die Zukunft?
Noch mehr Menschen ein gutes Gefühl geben zu können, dass sie mit mir und dem Laden zu tun haben. Und auch mit dem Gesamtkonzept etwas zu verändern sowie etwas zu hinterlassen was anderen ein Vorbild sein kann.
Was macht das Kaffee 9 noch aus?
Dass wir alle eigentlich aus ganz anderen Ecken kommen und andere Dinge machen und sie immer noch leben. Ein großer Teil davon ist die Musik. Unsere musikalische Seiten geben uns gegenseitig soviel Energie und Freude, dass ich voll oft das Gefühl habe im Laden zu stehen und DJ zu sein.
Welches Café kannst Du uns als Nächstes empfehlen?
Das ist schwer zu sagen, da es schon sehr viele Cafés gibt, die extrem empfehlenswert sind. Ich mag sehr gerne das Café Espera bei mir im Kiez in Neukölln auf der Sonnenallee, weil sie es auch geschafft haben, eine sehr persönliche Ebene herzustellen, obwohl da echt ein krasser Durchlauf ist. Was ich auch empfehlen kann - auch bei mir um die Ecke - ist das k-fetisch. Das ist für mich auch so'n richtiges Kiez-Café. Und an dritter Stelle, weil sie einfach n verdammt guten Job machen, was Spezialitätenkaffee angeht, ist das Chapter One im Bergmannkiez von Nora und Björn.
Und hier habe ich noch ein kleines Filmchen von Februar 2014 zum Kaffee 9 gefunden, wo man Philipp live in Action sieht.
Über Leni Moretti
Ich bin seit 2013 Familienfotografin mit ganzem Herzen und fotografiere in Berlin und deutschlandweit Familien mit Babys und kleinen Kindern in entspannter Atmosphäre in ihrem eigenen Zuhause oder in der Natur.
In meinem Online-Fotokurs für Eltern zeige ich Dir, wie Du selber mit Deiner Kamera fantastische Kinderfotos im Familienalltag machst.
Auf meinem Foto-Blog findest Du viele Tipps für schöne Kinderfotos, meine neuesten Familienshootings und Familienfilme.
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